Haus des Bürgers Simmerath

Wettbewerb mit vorgeschaltetem Bewerbungsverfahren

Städtebau
Die Rathauserweiterung präsentiert sich als ein „Haus im Park“ – ein bürgernahes, freundliches Holzhaus, zur generationenübergreifenden Identifikation. Das Haus des Bürgers steht als einfacher Baukörper einladend am offenen und weitläufigen Park und orientiert sich gleichzeitig an den vorhandenen Raumkanten der Umgebung. Das neue Gebäude mit seiner Scharnierfunktion zwischen „Hauptstraße“ und „In den Bremen“ wird einerseits vom Bürgerpark umflossen und bildet andererseits einen Abschluss der städtebaulichen Figur des Rathausensembles mit einer klaren Raumkante zum Park. In dem neu geschaffenen Ensemble verweben und verflechten sich sowohl Bestand und Neubau als auch Rathausplatz und Bürgerpark. Die Raumstrukturen von Rathaus und Park werden als Ausgangspunkt genommen für eine ortsbezogene Weiterentwicklung. Die Qualitäten des Parks mit seinen imposanten Bestandsbuchen und weitläufigen Wiesen bleiben ebenso erhalten und werden gestärkt wie das Rathaus mit seinem Haupteingang zum Rathausplatz. Wie das bestehende Rathaus, präsentiert sich auch der Neubau zum Rathausplatz und bildet im Zusammenspiel mit Bürgerbaum und runder Bürgerbank ein neues Eingangsensemble mit Eingangsabfolge.

Bürgerpark
Der Bürgerpark bildet als Central Park die zentrale Mitte, Knotenpunkt und Scharnier zwischen den Einzelhandelsstandorten „Hauptstraße“ und „In den Bremen“. Ein neuer eindeutig geführter Weg verbindet die beide Orte auf direktem Wege. Die neue Diagonale durch den Bürgerpark spannt sich auf zwischen der Platzfolge Rathausplatz, Bürgerplatz und Pocketplatz „In den Bremen“. An diesem Weg reihen sich diverse Attraktionen und Aufenthaltsgelegenheiten: Lockere Sitzstufen an der Rathauswiese, Sitz- und Loungedecks, ein Wasserspiel, eine herausfordernde Spiel- und Kletteranlage und natürlich die attraktive Weite und frische Atmosphäre des Parks. Eine ergänzende standorttypische Bepflanzung in den Parkrandbereichen betont die Qualitäten des Parks als offene, einladende Wiesenmitte und verdichtetem Saum. In den Randbereichen können neue Funktionen erweitert werden: Sport und Spiel, Gärtnern, eine Freiluftklasse und ein Skate-Track. Ein besonderer Bereich bildet an zentraler Stelle der Bürgerplatz mit Langer Tafel und Fontänenfeld. Ein langer robuster Tisch mit Stühlen, Hocker und Bänke lädt alle Bürger ein, Platz zu nehmen und sich auszutauschen. Dieses offene Gartenzimmer, als Ort des konsumfreien Treffens und der Gemeinsamkeit, versinnbildlicht das „öffentliche Wohnzimmer“ im Außenraum.

Verknüpfung mit dem Außenraum
Der Rathausplatz wird in seiner repräsentativen Gestalt und Funktion erweitert und gestärkt. Das vorhandene Konzept, die hellen Pflasterbeläge, werden nahtlos weitergeführt. Im Vorbereich des Neubaus um den großen Bestandsbaum, dem „Bürgerbaum“, bildet eine Rundbank das Pendant zur „langen Bank“ vor dem Eingang zum Rathaus. Unmittelbar an der Bücherei wird ein öffentlicher Lesegarten gestaltet. Dieser Schattengarten bietet mit seiner kleinräumigen intimen Atmosphäre und ausgewählten robusten Eifelstauden spezielle, introvertierte Kleinbereiche zum Lesen oder zum Treffen. Die Verortung des Parkdecks unmittelbar am Park ermöglicht die Erweiterung des Freiluftmarktes in das Parkdeck: Es entsteht ein temporärer überdeckter großzügiger Marktraum in unmittelbarer Verbindung zum Markt- und Kirmesplatz. Die Vereinsräume und der Jungendtreff orientieren sich ebenfalls zum Bürgerpark, welcher diesen Funktionen vorgelagert ist und je nach Jahreszeit als großzügige Außenraumerweiterung für diese Nutzungen dienen kann.

Architektur und Konstruktion
Der Entwurf schlägt eine wirtschaftliche Struktur in Holzbauweise vor. Die sichtbare Konstruktion verleiht dem Bau eine klare, ehrliche Architektursprache und schafft ein harmonisches Raumgefühl. Holz als nachhaltiger, CO₂-speichernder Baustoff erfüllt höchste ökologische Ansprüche und erlaubt zugleich hohe Vorfertigung, was Bauzeit und -kosten optimiert. Die guten akustischen Eigenschaften sowie die gestalterische Flexibilität durch moderne Holzbautechniken machen das Material ideal für die vielfältigen öffentlichen Funktionen. Durch eine vorgegraute Holzverkleidung spiegelt sich die Konstruktion auch nach außen wider, wobei das gewählte Grau der Holzfassade mit der bestehenden Schieferverkleidung des Rathauses korrespondiert. Beide Erdgeschosse – EG-Rathausplatz und EG-Bürgerpark – verknüpfen mit ihren Nutzungen Außenraum und Innenraum. Daher folgen die 4 Fassaden dem gleichen Gestaltprinzip, ohne besondere Sockelausbildung. Die Fassaden werden durch 3 unterschiedliche Rhythmen strukturiert: Die Grundstruktur bildet ein klassisches 1,25m-Raster, welches überlagert wird von einem 0,625m-Ausbauraster und dem 3,75m-Raster der Tragstruktur.

Öffentliches Wohnzimmer
Das öffentliche Wohnzimmer hat eine verbindende Funktion von Rathausplatz-Ebene und Bürgerpark-Ebene und kann auf beiden Ebenen mit unterschiedlichen Qualitäten bespielt werden. Bereiche können für verschiedene Anforderungen zugeschaltet oder abgeschlossen werden. Das „öffentliche Wohnzimmer“ nimmt im schematischen Funktionsdiagramm der Auslobung ein Viertel des Diagramms ein – im Raumprogramm hingegen sind es tatsächlich nur 3% der Nutzflächen. Um der Bedeutung dieser zentralen Funktion im Haus des Bürgers gerecht werden zu können, wurden daher sämtliche Flächen von Eingangszone und Foyer gestalterisch in das „öffentliche Wohnzimmer“ eingebunden. Im Entwurfskonzept sind grundsätzlich zwei Arten von „Wohnzimmer“ denkbar: In einer kleinen Variante kann das Bürgercafé räumlich unabhängig im täglichen Gebrauch genutzt werden. In der großen Variante kann das zweigeschossige Foyer mit seiner Freitreppe zugeschaltet werden, für Konzerte, Lesungen und Vorträge. Auch Zwischengrößen sind durch Abtrennungen herstellbar.

Tragkonzept
Die Tragstruktur der Rathauserweiterung besteht aus einer wirtschaftlichen Konstruktion aus Holz und Beton, wobei ein klarer Fokus auf den Holzbau gelegt wird. Alle erdberührten Bauteile, die Tiefgaragenebene, das Treppenhaus sowie der Aufzugsschacht werden in Stahlbetonbauweise gefertigt. Die übrigen Teile der Tragkonstruktion – Stützen, Unterzüge und Decken/Dach – werden in reiner Holzbauweise erstellt. Das Tragkonzept des Neubaus ist dabei so aufgebaut, dass es vier Tragachsen aufweist, die alle parallel zur Gebäudelängsseite ausgerichtet sind. Innerhalb dieser tragenden Achsen bilden hölzerne Stützen und Unterzüge das tragende Skelett. Das Stützenraster innerhalb der tragenden Achsen beträgt 3.75m. Von den beiden Gebäudelängsseiten spannen die Decken über 5.65m zu den beiden inneren Tragachsen. Der Abstand der inneren Tragachsen beträgt 7.50m. Für diese Spannweiten ist eine Holz-Rippenkonstruktion für die Decken und das Dach vorgesehen. Die Rippendecken bestehen aus einer Balkenlage aus Brettschichtholz (BSH)-Trägern im Achsraster von 1.25m. Über diese Balkenlage wird ein flächiges Brettsperrholz (BSP)-Element verschraubt. Durch die Verschraubung mit der Balkenlage kann der Verbund von BSH-Trägern und BSP-Platte aktiviert werden, was zu wirtschaftlicheren Aufbauten führt. Durch den Verzicht von Beton in der Deckenkonstruktion können die Deckenelemente maximal vorgefertigt werden – was sich positiv auf die Dauer der Montage auswirkt. Die Einfachheit und das saubere übereinander Stellen aller tragenden Bauteile ohne Versprung sorgt für einen klaren Lastfluss aus den oberen Geschossen bis in die Fundamente. Für die Aussteifung werden die BSP-Platten der Deckenkonstruktion zu jeweils einer horizontalen Scheibe pro Geschoss zusammengeschlossen. Über diese horizontalen Scheiben werden die Lasten aus Wind und Erdbeben sicher zum Treppenhaus und den aussteifenden Wandscheiben geleitet. Die aussteifenden Elemente führen die Lasten in die Gründung aus Stahlbeton.